„An demokratische Pflichten erinnern“

Von Gerhard Pulfer · · 1999/09

Österreichs „Representative Office“ in Palästina wurde letztes Jahr eröffnet. Mit dem Büroleiter Wolfgang Lapuh sprach Gerhard Pulfer.

SÜDWIND: Was ist nun Ihr Aufgabenbereich als Vertreter Österreichs in Palästina?

Das Büro wurde parallel zu den EZA-Koordinationsbüros, die es in den österreichischen Schwerpunktländern gibt, eröffnet. Der Aufgabenbereich ist in erster Linie Entwicklungszusammenarbeit. Es gibt hier in den palästinensischen Autonomiegebieten sogenannte Representative Offices anderer europäischer und nichteuropäischer Staaten, die ihren Aufgabenbereich viel weiter sehen als nur in der EZA. Es ist jedoch eine politische Frage, wie weit man so einem Büro auch außenpolitische Funktionen zuordnen will. In unserem Fall wird es sich eventuell in einer Form entwickeln, daß auch wir hier zusätzliche Aufgaben übernehmen.

SÜDWIND: Gibt es konkrete Gründe, warum das österreichische Representative Office nur auf die EZA beschränkt ist?

Außenpolitische Beziehungen im eigentlichen Sinn darf die PA gemäß dem Grundsatzabkommen gar nicht unterhalten. Die PLO kann tun was sie will, aber wir befinden uns jetzt auf dem Gebiet der PA. Diese hat keine Zuständigkeiten im außenpolitischen Bereich. Die Außenkompetenzen, die sie hat, betreffen Außenwirtschaft, Entwicklungszusammenarbeit, Kulturbeziehungen usw. Und diesen Aufgabenbereich können wir ohnehin abwickeln und tun dies auch nach besten Kräften.

SÜDWIND: Wie hat man auf österreichischer Seite nach Bekanntwerden des Berichts über Korruption in der Autonomiebehörde reagiert?

Wir haben uns gefreut, daß jene staatlichen Stellen, mit denen wir zusammenarbeiten, nicht im Korruptionsbericht aufscheinen! Wir arbeiten mit dem Arbeitsministerium, das im Report nicht vorkommt, und dem Landwirtschaftsministerium zusammen. Letzteres wurde deshalb erwähnt, weil es im Untersuchungszeitraum zwei Sitze unterhalten hat. Die Palästinenser wollen sich ja nicht auf eine Hauptstadt außerhalb von Jerusalem festlegen, deshalb haben sie teilweise die Ministerien quer über die Gegend verstreut. Deshalb wurde das Ministerium auch kritisiert, aber nicht weil Projektmittel undurchsichtig verwendet worden wären.

SÜDWIND: Gibt es auf EU-Ebene eine gemeinsame Linie oder Struktur bei der Entwicklungszusammenarbeit, und was sind hier die Schwerpunkte?

Ein Schwerpunkt bei den EU-Projekten ist sicher die Berücksichtigung europäischer Prinzipien, wie die der Demokratie, der Menschenrechte und der Umweltstandards, während US-amerikanische Projekte großteils – nicht nur – Infrastrukturprojekte sind. Wenn die Palästinenser jemand an demokratische Pflichten erinnert, dann sicherlich die europäischen Staaten.

SÜDWIND: Können Sie mir ein paar konkrete österreichische Projekte nennen?

1995 wurde in der Altstadt von Jerusalem ein großteils von Österreich finanziertes und modern ausgestattetes Ambulatorium eröffnet. Dieses betreut mit seinen 22 ÄrztInnen und Angestellten im Monat an die 2500 PatientInnen. Das Spektrum reicht dabei von Erster Hilfe und hausärztlicher Betreuung bis hin zu Röntgenuntersuchungen und Blutanalysen. Die Behandlungskosten werden durch Versicherungen und private Verrechnung abgegolten.

Österreich finanzierte zusätzlich zum Aufbau auch für fünf Jahre die Einnahmendefizite des Ambulatoriums, doch kämpft dieses derzeit mit einigen Schwierigkeiten. Neben internen Problemen konnte bisher nach Ablauf der Fünfjahresfrist noch kein lokaler Träger gefunden werden, weshalb die Klinik mit einem wachsenden Defizit zu kämpfen hat.

Ein anderes Projekt hat in Kooperation zwischen NROs, dem Landwirtschaftsministerium und der Wasserbehörde die Optimierung der palästinensischen Landwirtschaft zum Ziel. Eine im Aufbau begriffene Datenbank soll Bauern dabei unterstützen, die geeignetsten Anbauprodukte für die jeweilige Bodenbeschaffenheit und Wassersituation auszuwählen. Gerade in Palästina kommt diesem Projekt aufgrund der Knappheit der Ressourcen Land und Wasser besondere Bedeutung zu. Eine zweite Dimension gewinnt das Projekt dadurch, daß es die in den Kinderschuhen steckende institutionelle Kooperation und die Zusammenarbeit zwischen PA und NROs fördert.

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